Bild 1 Elektrische Entladung Film Farbe

1. Was ist das?
Ein Foto, also ein lichtoptisches Bild  oder ein Röntgenbild?
Weder noch -
und doch verwandt:

Es ist eine elektrische Entladung auf dem Film, ein Kunstprodukt, ein Artefakt. Der Film ist ein klassischer (schwarz/weiser) Film. Alle die mit Film abbeiten, hassen Artefakte. Sie verderben unsere Absicht, makelose Produkte zu erzeugen. In der Medizin können sie zu Felddiagnosen führen. - Daher mussen wir sie kennen- und vermeiden lernen. Als geistige Herausforderung haben sie auch ihren Reiz.

Die Verästelung ist im Original Schwarz (auf hellem Grund).
Elektrischer Strom hat den chemischen Prozess in der Filmemulsion angestoßen und ausgelöst. Er hat genauso wie Licht und andere elektromagnetische Wellen es tun, die Filmschwärzung eingeleitet. Erst mit der Entwicklung wird die chemische Reaktion als Filmschwärzung sichtbar gemacht.

Die Übersetzung in Farbe erfolgte jetzt so:
Aus "Hell nach Dunkel" im Original wurde
in der Bearbeitung
Schwarz über Blau, Violett, Rot nach Gelb und Weiß.

Das ist eine einfache Farbtafel. Sie beansprucht unser Vorstellungsvermögen nicht zu sehr. Die Schwierigkeit ist die Inversion:
Hell und Dunkel im Original und in der Farbgebung sind vertauscht.

Zwei Punkte sollen bei allen nun folgenden Bildern stichwortartig angesprochen werden:

1.Ästhetik?
Ist das ansprechend?Ja! Durchaus.


2.Didaktischer Wert der Farbgebung?
Gering!

Wert als Sammlungsfall? Ist das eine Rarität? - Das gibt es oft. Hier ist es auf besondere Weise präsentiert.

Entladung Artefakt Film

Bild 2a Entladung Artefakt Film

2a.
Eingestimmt durch das vorangegangene Beispiel zeigen wir ein weiteres Rätsel im Original.
Ist es ein Röntgenbild, ein lichtoptisches Bild? Tote Materie, eine botanische Struktur, Teil des menschlichen Organismus??

Keine dieser Lösungen stimmt.
Es handelt sich um eine elektrische Entladung auf einem Film von einer Fingerspitze ausgehend.

 

 

WGH Schmitt elektrische Entladung Fingerspitze

Bild 2b

2b.
Gleiches Bild mit Farbe bearbeitet. Eine der vilerlei farbigen Darstellungen.
Eine von einer Fingerspitze ausgehende elektrische Entladung, die zu einer ungewöhnlichen bizarren Struktur geführt hat.

Farbtafel diesmal nur teilweise invertiert;
von Hell nach Dunkel geht es von Gelb über Rot,  Dunkelblau nach Hellblau.

Die Ästhetik ist gefällig.
Didaktisch?
Eher verwirrend. Zu viel auf einmal. Oft ist das Original einleuchtender als raffinierte Nachbearbeitungen.

 

 

WGH Schmitt Dunkelkammer Artefakt Farbe

Bild 3

3.
Jemand hantierte in der Dunkelkammer mit einem Film und bemerkte, dass die Tür geöffnet wurde. Instinktiv hielt er schützend die Hand auf den Film.
Kurzer Lichteinfall.

Entwickelt zeigt der Film totale Schwärzung mit  Aussparung der Hand. Die ist transparent (in unserer Röntgen-Nomenklatur wird das Transparente als "Schatten" bezeichnet. Das ist eine Konvention, sie mag sinnvoll sein oder "eigentlich unsinnig").
Alles stellt sich so wie erwartet dar.

Einige Finger und der Unterarm liegen nicht fest auf dem Film auf und machen nur einen geringen "Schatten", sind gleichsam "verdünnt".

Was hat uns an diesem Bild gefallen (Es trifft für alle Bilder 1-7 zu)?

Die Unabsichtlichkeit. Es ist die Dokumentation eines Missgeschicks.
Das Bild hat keine Idee und  keinen Zweck.

Wie wurde im nachhinein "Farbe" angewendet?
Schwarz ist Blau,
am Rande von Schwarz - also bei mittlerer Schwärzung - geht es in Gelb über, bei Helligkeit geht die Farbe über in Blau und weiter nach Violett.
Also eine eher komplizierte Farb-Umsetzung.

Wir stellen in diesem Beitrag bei jedem Bild 2 Standard-Fragen:

Was bringt die Farbe an Information? Wenig.
Was trägt Farbe zur  Ästhetik bei? Sie bestärkt die Absichtslosigkeit, den chaotischen Charakter (einen Aspekt, den wir bei den Bildern 1-7 finden).

 

 

WGH Schmitt Artefakt Filmemulsion

Bild 4

4.
Es handelt sich um einen Film mit einer  dicken Filmemulsion. Die Emulsion spielt hier eine Rolle.

Die Auflösung dieses Rätsels ist leichter zu ertasten als zu sehen.
Ein Weichtier? Ein Urstromtal?

Artefakt durch Abschmelzung der Filmemulsion in einer defekten Entwicklungsanlage.

Den Artefakten möchten ich noch weitere Beiträge widmen;

die Kenntnis bestimmter Sorten von Artefakten geht mit dem Rückgang der Filmentwicklung verloren. (Aus dieser Absicht sind 3 Artikel geworden, die auch oft aufgerufen werden. Am meisten interessiert: Fakten, Artefakte III/Pathologie.
Artefakte treffen uns überraschend; sie haben nichts Geplantes, nichts Intellektuelles; es gilt  das Zufällige, das Überraschende und Geheimnisvolle.

Bei Sofortbildkameras hat sich eine Art eigener Kunstform entwickelt, bei der in das noch nicht ganz sichtbare Bild mit Entwickler und Fixir gemalt wird.

Farbgebung von Grün über Blauviolett nach Violett.

Ästhetik? Nicht abzustreiten.

Didaktischer Wert? Gering.

Wert als Sammlungsfall? Eine sehr seltene Beobachtung, dem Gedächtnis an H.G. Schmitt gewidmet; er war sehr engagiert in der Vermeidung von Artefakten.

Flussartefakt MR Harnblase WGH Schmitt

Bild 5

5.
Offenbar ein MR-Bild (Magnetic Resonance = Kernspin). Die Auflösung wurde beim Darstellungsprozess zugunsten der merkwürdigen Strukturen in der Harnblase vernachlässigt.
Um was handelt es sich in der Harnblase?

Ein Flussphänomen, der "Jet" der Harnleiter macht spiralige wellige Strukturen im Flüssigkeitsraum der Harnblase.

Das Farbfenster geht von Schwarz- Blau über Rot nach Gelb.

Ästhetik? Die Struktur ist so ungewöhnlich, dass sie als Blickfang wirkt.

Didaktisch? Keine neue Information. Fluss-Phänomene sind aus der Neuroradiologie (Liquor) gut bekannt.

Insgesamt ist es doch unglaublich, dass wir etwas sehen, was in "Form und Größe" gar nicht existiert, sondern nur als "Funktion". (Vom Farbdoppler- Ultraschall bin ich ähnlich begeistert!)

 

Eine weitere Seite, wo einige theoretische Dinge beschrieben sind, können sie mit diesem link aufrufen.