8. Fall

Der 12-jährige Patient ist ein sehr aktiver Fußballspieler. Nach einer Serie von sehr harten Trainingstagen erlitt er plötzlich einsetzende Schmerzen in beiden Fersen. Diese zwangen ihn, die sportlichen Aktivitäten zu beenden. Ein Unfall wurde völlig ausgeschlossen.- Als die Schmerzen nach mehreren Tagen selbst bei kleineren Belastungen andauerten, und das Röntgenbild nur einen alterstypischen Befund erbrachte, erfolgte die MR-Untersuchung.

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Liebe Leser!

Einige von Ihnen kommen auf diese Seite, weil sie etwas über die"Wachstumsfuge" suchen. Der hier gezeigte Fall schon ein ganz schwieriges Problem, was die Wachstumsfuge betrifft. Als eine erste Einführung ist dieser Fall nicht geeignet. Ganz kurz: In den Wachstumsfugen wachsen wir. Sie trennen den Kern (Epiphyse/Apophyse) vom Schaft (Metaphyse). Ist das Wachstum zu Ende, verschmelzen beide und die genannte Fuge verschwindet.

Man kann sich gut vorstellen, dass eine solche Zone eines ganz komplizierten "Knochen-Aufbaus" besonders empfindlich ist z.B. für eine Überlastung. Ein solcher Fall wird hier geschildert.

In einem anderen Betrag ist von der Wachstumsfuge die Rede:

Artefakte III, Kapitel 7, Bild /.05.  Es kann vorkommen,dass sich diese W. nicht schließen, sondern auch im Erwachsenenalter im Rö. sichtbar bleiben. Das wurde an einem Gelenkfortsatz an der Wirbelsäule vermutet.

Was zeigt das MR hier bei unserem Patienten?

Es zeigte sich ein ausgedehntes Knochenmarksödem beider Calcanei. Beide Abbildungspaare sind T2*-Gradientenechosequenzen. Beide Calcanei sind dargestellt. (Links: Linker Calcaneus; rechts: Rechter Calcaneus)

Der krankhafte Befund zeigt eine bemerkenswerte Symmetrie: Es besteht ein ausgedehntes Knochenmarksödem der Apophysenkerne und der wachstumsfugennahen Metaphyse.

Bemerkenswert ist, daß sowohl der in diesem Alter bereits große Apophysenkern, als auch die Wachstumsfuge und die wachstumsfugennahe Metaphyse betroffen sind. Auch die normale Wachstumsfuge zeigt ein vermehrtes Signal; diese Befunde gehen aber weit über das altersphysiologische Maß hinaus. Diese Lokalisation ist typisch für

einen Überlastungsschaden des wachsenden Skeletts. Es ist mit einiger Wahrscheinlichkeit das Vorstadium oder die sehr frühe (reversible) Form einer aseptischen Nekrose.

Unter konsequenter Schonung ist diese Veränderung ohne Residuen abgeheilt.

Würden die Veränderungen fortschreiten, dann erwarten wir, daß der Apophysenkern nekrotisch wird und sich durch die Insuffiziens der Wachstumsfuge verschiebt . Weiterhin wäre zu erwarten, daß sich die ebenfalls betroffene Metaphyse - im Zuge reparativer Vorgängen - an diesen verlagerten Wachstumskern adaptiert.

Je nach der Betrachtungsweise resultieren verschiedene Benennungen:

Röntgenologisch erwarten wir also das Bild einer Apophysitis.

Histologisch wird diese Erkrankung in die aseptischen Nekrosen einzuordnen sein.

Von der Pathogenese ist es ein typischer Überlastungsschaden im jugendlichen Alter.

Bei allen diesen Fällen von "ossärer Insuffizienz" ist auffällig, daß sie leicht durch das Raster der medizinischen Dizipline fallen. Dar Chirurg sagt: "Was soll ich mit diesem Patienten anfangen, der hatte ja gar kein Trauma." der Rheumatologe sagt: "Keine Entzündungsparameter!" Fühlt sich der Orthopäde angesprochen?

Allen KollegInnen fallen bei diesen Patienten psychologische Besonderheiten auf. Die Patienten sind getroffen; ihr Krankheitsgefühl ist ausgeprägt. Andererseits fehlt oft die Einsicht, daß die Erkrankung sehr gutartig und die Therapie möglicherweise einfach ist. Daher sei den Kasuistiken einen Ausblick in die besondere Psychodynamik angehängt.