Das letzte Bild im letzten Kapitel war ein Vorgriff. Zunächst sind wir auf den nächsten gut 30 Kilometern nach Cartagena. Diese sind bergig und entsprechend kurvig, man kommt wieder nicht an die Küste heran. Die Sierra de la Muela ist im Weg. Der Weg ist - abgesehen von den endlosen Gewächs-Zelten - reizvoll mit seinen bizarren Konglomeratfelsen. Erst in Puerto de Mazarrón dürfen wir wieder mal ganz kurz das Meer anschauen.
Aber gleich geht’s wieder für 50 km durchs Land. Die Sierra, die sich uns diesmal in den Weg stellt ist bis 690 m hoch, das ist viel, wenn man den geringen Abstand zum Meer bedenkt. Einen Schleichweg "meernahe" (über das Cabo Cope und den Ort Cope) haben wir nicht genommen, wir waren an den Abzeigungen unsicher, ob wir nicht im Niemandsland stecken bleiben. Hunger und Dieselmangel hat uns auf der N 332 zurückgehalten.
Warum nicht 340 nach alter Tradition? Die 340 kürzt nicht nur Cabo Nau, sondern auch den ganzen südl. Abschnitt der Costa Blanca und die Costa Almeria ab; sie läuft über Lorca – Murcia. Auf der Rückfahrt sind wir dieser alten Römerstraße gefolgt. Und wir konnten die Römermeinung bestätigen, dass diese Streckenführung 100 – 200km spart.
Wir sind "die letzten", die die kurvige 332 fahren, 50 km wie "durchs wilde Kurdistan", um wieder bei Ãguilas das Meer erreichen zu dürfen, denn parallel verläuft bereits eine Autobahn. Die Spanier sind so schnell im Straßen-Bau, dass in meiner Karte nix eingezeichnet ist. Eine Karte von 1990 ist für mich noch ziemlich neu. Da habe ich nicht mit den fleißigen Spaniern gerechnet.
Abb. 80: Mojácar,
ganz in Weiß
mit wenigen Farbtupfern
Abb. 81: Da bleiben wir,
weil es richtig
schön ist
Ab Ãguilas bleiben wir am späten Nachmittag endlich mal ca. 50 km auf landschaftlich schöner Küstenstraße (große Brücke über den Rio Almanzora) bis Mojácar. Ich habe leider nicht mehr so viel in Erinnerung, außer dass die Gemüsezelte weniger wurden und sich eine weite Steppe über die Hügel zog. Die Bebauung war eindrucksvoll gering. Manchmal kann man es nicht fassen konnten, hier "menschenleer" und anderswo überbordende Urbanisationen.
Mojácar*** ist das weiße Dorf im hispanoarabischen Stil, welches hoch über dem Meer thront. Die Autobahn meidet bisher diesen wenig erschlossenen Küstenabschnitt. Sie liegt deutlich im Land drinnen: E15 Porto Lumbreras – Almeria. Der schöne Ort ist so "schlecht" zu erreichen, dass es als einer der wenigen Plätze in Spanien, vom Massentourismus verschont blieb. "Schlecht" wird den allzufleißigen Straßenbauern auch nicht gerecht: Sagen wir: "suboptimal".
Oder wird Mojácar einfach vergessen? Ein paar Dutzend Hotels gibt es schon und zwar in den wenige km entfernten Ortsteil am Meer. Eines ist auch für uns reserviert, wo wir 2 Tage blieben. Wieder passiert mir ein Fehler, den ich eigentlich vor 50 Jahren hätte ablegen sollen; es schmeckt mir in Spanien außerordentlich gut, eine Portion Spagetti Carbonara war zu groß. Das wäre nicht schlimm gewesen, aber Teller sauber leer essen war falsch.
Abb. 82: Nochmal
Mojácar, die
Charaktere dieser Städte
ist so verschieden
Abb. 83: Weiterfahrt an der
Costa de Almeria
Sonst hat alles gepasst, freundliche Menschen, schöne Fotos, viele Postkarten, sogar Jazz, gemütliches Cafe mit Ausblick auf das weite Land und Meer.
Abb. 84: Östlich Almeria
sehr viel Wüste
Abb. 85: Region Cabo de Gata,
Wasser ist kostbar
Die geschätzten restlichen 80 km bis Almeria kann man nicht immer der Küste folgen.
20 Kilometer nach Mojácar geht es zuerst mal auf einer schönen Küstenstraße entlang. Die Bebauung ist schon verdächtig zunehmend, d.h. die Zahl der Krane ist hoch im Vergleich zur Zahl der bestehenden Häuser. Ein Effekt des nicht allzu fernen Flughafens von Almeria?
Wir sehen aber auch vor den kahlen Hügeln im Hintergrund alte, runde und ovale Türme, wahrscheinlich aus maurischer Zeit. In Serpentinen führt der Weg auf eine Anhöhe und wieder hinunter, wo Carboneras weiß und freundlich vor uns liegt. Es hat einen größeren Hafen, Fischerei und eine Fabrik.
Wir müssen auf eine 341 ins Land ausweichen. Die Vegetation geht nach Null, stellenweise gibt es einige Kakteen, die Landschaft ist in vielen Abschnitten absolut menschenleer. Wir sind in der großen Region des Cabo de Gata, der ganze Raum ist inzwischen Naturpark. Eine hochinteressante Halbwüste, wie sie in dieser Form in Europa ganz ungewöhnlich ist. Der küstennahe Straßenbau durch die Sierra de Gata ist einfach unmöglich, zumindest nicht sinnvoll.
Unser erzwungener Abzweig von der Küste hat uns auf die Autobahn E15 gebracht. Wir hätten von dieser auf die nördliche Seite, zur Höhle von Nijar abzweigen können. Noch mehr hat uns interessiert, nach Süden, zurück zur Küste, durch das ausgetrocknete Tal Rampla de Morales zu fahren. Wir halten unser Mittagessen in der Steinwüste und arbeiten uns auf kleinen, aber völlig unbelebten Straßen zum Meer zurück. Ziel San José. Ein absolut freundliches, nicht überlaufenes Städtchen an einer malerischen Bucht abseits der großen Verbindungswege. So gut es geht bleiben wir küstennahe auf dem Weg vom Cabo de Gata nach Almeria. Unter der Sonne reagiert meine Haut innerhalb von 15 Minuten mit einer leichten Rötung.
Die Besonderheit dieser Landschaft ist der Tourismus-Industrie nicht verborgen geblieben: Retamar ist ein solches Produkt, eine Kunststadt mit aufgereihten Riesenhotels. Wirkt seelenlos und ausgestorben. Weiterfahrt, vorbei am Flughafen von Almeria. Einfahrt durch ein Flachland. Suche eines Hostals klappt problemlos.
Abb. 87: Almeria mit
der maurischen Burg
im Hintergrund
Almeria. Die Stadt ist ein bedeutendes Zentrum für Andalusien und Uni.-Stadt. Die Hauptstraße heißt Calle de las Tiendas (Geschäfte).
Die Burg, Alcazaba war ursprünglich eine maurische Festung aus den Jahren 900 – 1000 n Chr.. Die Kathedrale bot auch Schutz vor den berberischen Piraten, daher diese Form wie eine Kirchenburg.
Abb. 88 : Almeria, Kathedrale
mit vielen Besonderheiten
Abb. 89: Gleiches Bauwerk
in der Nacht
Den Küstenabschnitt Almeria bis Motril haben wir ausgelassen.
Im östlichen Teil dieses Abschnittes schneidet die N 340 ein flaches, meernahes Sumpfland ab. Roquetas de Mar liegt dort. In diesen Fischerdörfern sind Feriensiedlungen hochgeschossen. Schon vor 10 Jahren gab es weit über 1000 Apartments.
Bei Adra zieht sich das Gebirge, die Sierra Contraviesa, wieder stark ans Meer heran, aber die Straße drückt sich trotzdem durch. Bis Montril, ca. 60 km, besteht wieder eine schöne, kurvige, stark befestigte Küstenstraße.
Wir wären jetzt an der Costa del Sol.
Adra wurde schon 800 v. Chr. Griechen (?) gegründet, es gibt auch einige Zeugnisse aus arabischer Zeit, ein Torbogen und eine Wassermühle. Der Strand ist nicht so spektakulär schön wie in anderen Orten, was Vor- und Nachteile mit sich bringt. Wieder die Gärtnereiindustrie mit den unendlich weiten, mit Plastikplanen bespannten Gewächshäusern.
Bewegt man sich vom letztgenannten Küstenabschnitt ins Landesinnere muß man eine Bergkette die
Sierra contraviesa überschreiten, die nördliche Begrenzung ist ein Tal. Alpujarras fasst mehrere Dörfer zusammen. Diese Gegend war ein Rückzugsort jener Muslime, die sich nach der Übernahme von Granada nicht anpassen wollten. Aufstände einiger dieser Gruppen fanden bis 1570 statt. Das ist die Zeit in der auch Sixtus aufmüpfige Gesellen (er nannte sie Banditen) im Kirchenstaat besiegte, eine Zeit in der sich die katholische Staatsmacht gewaltig festigte und zwar auf beiden mittelmeerischen Halbinseln. Durch diese wilde Gebirgsgegend führen interessante Wandertouren.
Nach Motril geht der Weg über ein Tal nach Salobrena. Aber das haben wir zugunsten der Alternative "durchs Land über Granada" ausgelassen.
Wir orientieren uns nach Westen auf einer C 3326 zwischen der Sierra Nevada im Süden und der nördlicher gelegenen Sierra de los Filabres. Wo wir ein armseliges Sträßchen vermutet haben, ist eine Autobahn. Der Luxus ist, dass wir sie für uns allein nutzen.
Abb. 90 Sierra contraviesa
eine trockene
aber interessante
Region, für Filme
und Energiegewinnung
sehr geeignet.
Könnte für Europa
wichtig werden
Abb. 91: La Calahorra
so abweisend wie
die Alhambra freundlich
ist
Nach längerer Fahrt Abstecher in La Calahorra mit einer fantastischen Renaissanceburg, auf vier wuchtigen Ecktürmen mit maurisch empfundene Kuppelchen. Die Stadt hat wohl bessere Zeiten gesehen, sie wirkt ausgestorben. Zurück zur Autobahn nach Guadix, einer kleinen Stadt mit markanter Kathedrale, arabischer Burg und einer weiteren Besonderheit. Das Gelände ist nämlich ein sehr dickes Tonkonglomerat, worin die Flüsse bizarre Canyons und teilweise ganz merkwürdige Natursäulen hinein waschen. Die Anwohner haben die eigentümliche Geologie ausgenutzt und Höhlen in den Boden geschnitten. Die Tondecken tragen offenbar sehr gut. Diese Bauform garantiert sommers wie winters ein ausgeglichenes Klima. Die Feuerstellen in der Küche braucht man, daher sind Durchbrüche für die Schornsteine notwendig. Man sieht in G. Hunderte von Schornsteinen, die unvermittelt aus der hügeligen Landschaft ragen.
Wir kamen durch den Park von Huetor. Die Landschaft ist wieder grün und waldig – fast mitteleuropäisch.
Leider haben wir die Ausfahrt 253 nicht genommen, die uns direkt zu unserem Hotel gebracht hätte. Stattdessen sind wir auf komplizierten Wegen durch die Stadt gefahren. Unser Hotel war auf einem Plan im Bereich einer Kreuzung von vier Straßen eingezeichnet. Es lag auch an einer der vier Straßen, nur ca. drei Kilometer abseits dieser Kreuzung und zwei Kilometer außerhalb der Stadtgrenze.
Die Lage war sehr schön auf den Hügeln nordöstlich der Alhambra, nur mit einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu erreichen. Wir haben uns daher angewöhnt, zur letzten Busstation zu fahren und von dort, verbunden mit einer kleinen Stadtrundfahrt, zum Zentrum vorzustoßen. E. hat Freunde getroffen und wir haben die wesentlichen Sehenswürdigkeiten besichtigt, einschließlich dem interessanten arabischen Viertel unterhalb der Alhambra-Kathedrale und der eindrucksvollen Grabstätte der katholischen Könige. Die Innenräume der Alhambra sind völlig überlaufen und ohne Vorplanung ist es nicht möglich eine Eintrittskarte zu bekommen. Der Garten dagegen ist ohne Anmeldung zugänglich. Er vermittelt einen sehr guten Eindruck von der Pracht und Kunstfertigkeit der Mauren, die diese, ihre letzte Burg 1492 aufgaben.
Nach zwei Tagen wollten wir uns ein neues Quartier suchen. Unser Hotel hatte heftig aufgeschlagen. Wir sind noch weiter aus der Stadt hinausgefahren und haben nahe Huétor Santillán einen schönen Bungalow auf einem Campingplatz gefunden.
Von Granada aus führt eine 47 Kilometer lange Straße auf die Sierra Nevada. Von ihrem Endpunkt kann man noch mal knapp 200 m auf den 3482 m hohen Mulhacén steigen. Für uns und diesmal war das nicht möglich.
Abb. 92: nahe den
Ramblas de Tabena,
kein leichtes Leben