Wir bitten um Verzeihung, wenn wir uns so oft über den Massentourismus beklagen. Das ist unehrlich, denn wir sind ja selbst Teil dieses Stromes. Andererseits sehen wir deutlich, dass viel kaputtgeht, wenn man zu viele Menschen zusammenpfercht. Die Politik wünscht dies, und überschießende Baumaßnahmen schaffen die Möglichkeiten. Das kann überhaupt nicht heißen, dass wir die Menge der Menschen kritisieren. Wir bemängeln, dass man sie, aus rationellen Gründen, in einzelnen Regionen konzentriert. Andere Regionen werden verlassen und sterben aus. Auch konzentriert man sie auf die Sommerzeit, angeblich weil sie nur da kommen. Vielleicht lohnt es nicht, in der Vor- und Nachsaison für eine kleinere Menschenmenge bestimmte Leistungen vorzuhalten.Hinter meinem Genörgel stehen die Fragen:
- Soll die Politik nicht die zeitliche und räumliche Konzentration der Touristen im Zaum halten?
- Für uns Touris würde es bedeuten: Sollen wir nicht die Räume und Zeiten des Massentourismus meiden?
Abb. 25: Barcelona,
Blick auf die Stadt
vom Museum der
katalonischen Kunst
Abb. 26: Barcelona,
enge Straßen
in gotischen Viertel
Jetzt geht es schon mit Riesenschritten auf Barcelona zu. Wir finden gemeinsam problemlos unsere Leitschiene, die Ronda de Dalt, einen Autobahnring im Nordwesten der Stadt. Ehe wir uns an den Straßen und einem Val de Hebron-Krankenhaus orientieren, sehen wir auch schon unser Hotel. Es liegt acht U-Bahnstationen vom Stadtzentrum entfernt. Die benachbarte Autobahn stört wenig, das Auto ist sicher verwahrt. Mit sehr guter Ortskenntnis hätte man auch im Stadtzentrum einen schönen Platz für Mensch und Maschine gefunden. Wir lernen schnell das U-Bahnfahren und besuchen gleich die Rambles, jene zentrale Straße vom Catalunia-Platz zur Denkmalsäule des Kolumbus. Sie entspricht einem ausgetrockneten Flussbett. Es gibt ähnliche Rambles auch in anderen Städten. Diese Straße ist ein Zentrum der Touristen, manche sagen aus gewissen Erfahrungen auch eines der Taschendiebe. Wir erfreuen uns an einigen Straßenkünstlern, zum Beispiel einem Klavier spielenden Frosch, an einem überschwänglich farbigen Markt ebenso wie am Santa-Monica-Kultur- und Kunstzentrum mit interessanten Videoinstallationen. Am ersten Abend in der U-Bahn wird mir um ein Haar das Portemonnaie geklaut, trotz Hand auf der Tasche. Ein eindrucksvolles Erlebnis, besonders weil alles doch noch mal gut ging.
Abb. 27: Barcelona,
Stadtbild mit
Sagrada familia
im Hintergrund
Ich zähle in lockerer Form alle Highlights auf:
Zwei Tage lang organisierte Stadtrundfahrt mit dem Bus. Es gibt eine nördliche und südliche Linie und man kann dort, wo man sich genauer umschauen möchte, aussteigen und wieder zusteigen.
Abb. 28: Dekorative Laterne
im eleganten Viertel
nördlich der Rambles
von Barcelona
Das gotisches Viertel: Tatsächlich ist das Viertel sehr gotisch, alles ist sehr eng und relativ dunkel, mit Kathedrale, Rathaus, Generalidad, Hotel Colon und einer weiteren mächtige gotische Kirche, Santa Maria del Mar.
Der elegantere Teil der Geschäfte findet sich nicht in den Vierteln zu beiden Seiten der Rambles, sondern eher nördlich davon: Dort, im Stadtteil Eixamble, kann man auch die Casa Mila von Gaudi bewundern.
Abb. 29 Barcelona,
Gaudi löst die
Senkrechten und Waagrechten
in der Architektur auf.
Das ist hier mit Mitteln
der Bildbearbeitung
übertrieben dargestellt
Abb. 30: Noch einmal
der berühmte Bau von Gaudi.
Einstimmung für die
"Sagrada familia"
Neben der Gotik gibt es in Barcelona ungewöhnlich viel Jugendstilarchitektur, einschließlich der Straßenlampen in vielen Varianten, und mehrere Werke von Gaudi, insbesondere den eigenwilligen unfertigen Kirchenbau der Sagrada Familia. Inzwischen sind etwa zehn Baukräne tätig und versuchen, das Werk in (leider) ganzer Größe fertig zu stellen. Fertig ist bisher die "Auferstehung und das Leben", und auf der anderen Seite soll noch hinzukommen "Leiden und Tod". Man leidet schon beim Hinschauen.
Abb. 31: Barcelona, Jugendstielarchitektur
Abb. 32: Barcelona, Deko in den Bauwerken des Park Guel
Parque Guël ist auch ein Werk von Gaudi, es ist benannt nach seinem Förderer und war ursprünglich als Wohnviertel konzipiert. Fertig geworden und geblieben sind allerdings nur eine Markthalle, ein Park, ein Aussichtspunkt, ein öffentlicher Sitzplatz und das langjährige Wohnhaus des genialen Gaudi. Dieses ist ausgestattet mit eigenen Entwürfen und auch mit zeitgenössischen Kunstgegenständen. Es gibt gutes Fotomaterial, was einen authentischen Eindruck vermittelt. Oftmals ist das ja schwierig, ich denke an die Hagia Sophia, an die Moschee in Cordoba, da kann sich einer, der nicht dort gewesen ist, schwer eine Vorstellung machen.
Abb. 33: Gaudi hat auch Möbel entworfen
Abb. 34: Palau der Katalanischen Musik, Barcelona
Am Ende des gotischen Viertels Richtung Plaza Catalunia finden wir den Palau der Katalanischen Musik, ein waschechtes Jugendstilgebäude mit gelungener, adaptierter, moderner Architektur.
Auf der südlichen Seite der Rambles, im ehemaligen Rotlichtviertel El Raval, liegt ein interessantes ehemaliges Spital, das jetzt als Bibliothek dient. Dort gibt es auch ein modernes Kunstmuseum und die schon genannten Markthallen. Meernah liegt der Französische Bahnhof, ebenfalls ein schönes Jugendstilgebäude.
Abb 35: Nächtliches
Barcelona
unweit der Rambles
Abb. 36: Wandmalerei und ein Autor
Abb. 37: Barcelona, Arsenal mit der königlichen Galere aus der Schlacht von Lepanto
Das Schifffahrtsmuseum hat in den gotischen königlichen Werften einen geeigneten Ort gefunden und ist gut gestaltet. Eine königliche Galeere aus der Schlacht von Lepanto (siehe mein Griechenland-Bericht) wurde nachgebaut, sie wurde ursprünglich in eben dieser Werft gefertigt. Die schrecklichen Verhältnisse auf einem solchen Schiff werden anschaulich dargestellt.
Unzählige Segelboote und todschicke Yachten dümpeln am Hafen, dazu mehrere Kreuzfahrtschiffe, zum Beispiel Aida 1 und 2, die beide unter großem Gehupe und Gestank den Hafen verlassen.
In einem der ehemaligen Speicher ist ein großdimensioniertes Museum der Katalanischen Geschichte mit einer gute Aussicht vom vierten Stock eingerichtet.
In einem anderen Stadtteil liegt das Messegelände. Von dort kommt man besonders bequem mit einigen Rolltreppen auf einen markanten Berg, auf dem sich das Olympiastadion und das Nationalmuseum befinden. Dort genießen wir auch einen schönen Park und das Museum Miró. Die Rentner heißen hier Jubilare und zahlen einen Sondertarif.
Das Nationalmuseum hat einen eindrucksvollen Festsaal und didaktisch streng und gut gegliederte Abteilungen von Romanik bis Barock. Besonderer Wert wurde auf die Erhaltung romanischer Fresken gelegt. Zu einer Zeit, als viele Dörfer diese Fresken "verscherbelten", haben staatliche Stellen diese abtragen und sichern lassen. Respekt! Man hat was getan von Seite der Katalanen.
Wir treffen K. aus Monis Chor, sie verfasst jetzt in Barcelona eine Arbeit über ein psychologisch-linguistisches Thema, und wir treffen C., die vor drei Jahren nach Barcelona umgesiedelt ist.
Das Picassomuseum fällt wegen Überfüllung aus, gegenüber schauen wir südamerikanische Kunst an sowie eine gelungene Ausstellung mit einem ausgefallenen Thema: Picasso-Motive werden mit sogenannter primitiver Kunst verglichen. Auch das Aquarium muss wegen Überfüllung – nicht von Wasser, sondern von Menschen – ausgelassen werden.
Im Laufe der Tage haben wir uns ein Stammlokal ausgesucht. Es liegt nahe Catalunia, wird mehr von Katalanen als von Ausländern frequentiert, ist günstig, handfest und auch praktisch, da man an der Theke verschiedene Sachen anschauen kann und damit gewisse Missverständnisse vermeidet.
Abb. 38: Es gibt auch
andere Seiten
von Barcelona
Es gibt auch das ganz normale kleine Welt
Falls man Barcelona auslassen oder verschieben möchte, kann man es auf der nord-westlich der Stadt verlaufenden Ronda de Dalt umgehen. Irgendwann gibt es die Wahl geradeaus oder abzweigen nach Leilla und Tarragona. Vorsicht, denn dieser Autobahn-Abzweig führt weit ins Land. Geradeaus wäre richtig gewesen für den, der küstennahe bleiben will. Auch für den, der den Flughafen sucht: Nicht vom Fehlen dieses Flughafen-Symbols irritieren lassen!