Abb. 37: Aigues mortes, Tour Constance ältester Bauteil, traurige Berühmtheit als Gefängnis der Inquisition
Abb. 38: Das alte Agde, 500 Jahre vor Christus von Griechen aus Marseille gegründet. Der Kirchturm – 1800 Jahre jünger – in der Altstadt nahe dem Hérault-Fluss
Am Ostersonntag breche ich mit dem Ziel Carcassonne früh auf. Ich überquere die Brücke über den Grand Rhône mit dem schönen Blick auf die Stadtsilhouette von Arles.
Meine Fahrt verläuft wie durch einen Parc Naturel.
Eine Abzweigung nach Salin de Giraud lasse ich links liegen . Moni kennt diesen Ort mit seiner gewaltigen Salz-Produktion, die offenbar nach traditionellem Verfahren erfolgt. Die Sonne muss das Wasser verkochen. - Sehr bemerkenswert ist, dass der mächtige Strand von S. ganz wenig frequentiert wird. Ein Geheimtipp für alle die keinen Rummel mögen. Solche Tipps gibt es viele rund ums Mittelmeer. Etwas abseits der Modeabsteigen und etwas außerhalb der Saison gibt es beschauliche Plätze.
Übrigens von Saline de Giraud (Grand Rhône Mündung) bis zu den Beiden Marien an der Mündung des kleinen Rhône kann man nicht mit dem Auto fahren. Es müsste schon ein Camargue-Profi sein. Aber man kann wandern. Das muss spannend sein.
Die N 570 folgt im wesentlichen dem kleinen Rhône; Richtung S.tes Maries de la Mer, dem Fischerort mit der von den Sinti und Roma verehrten "Sara". Sie pilgern einmal im Jahr zu einem für die Touristen spektakulären halb religiösen, halb sozialen Treffen.
Ich verlasse diesen Weg entlang des kleinen Rhône und zweige westwärts ab: Richtung Aigues mortes. Ein Kuriosum.
Ludwig der Fromme (oft auch der "Heilige" genannte) hat die Stadt auf dem Reißbrett konzipiert und 1248 mit dem Bau begonnen. Er hatte keine eigene Stadt am Mittelmeer und braucht einen Hafen um seinen sechsten und siebten Kreuzzug einzuschiffen. Zum Zurückbringen brauchte er den Hafen nicht mehr. Zuerst wurde die Tour Constance gebaut. Diese hat eine traurige Berühmtheit erlangt, als sie viele Jahre nach der Erbauung im alten Sinne (Kreuzzug, jetzt allerdings nach innen) verwendet wurde. Während der Hugenottenkriege – also lange nach der Erbauung - diente der Turm als Gefängnis für Frauen. Das Bauwerk war gut gewählt , schreckte durch seine schiere Masse auch die ab, die noch frei herumliefen. Für die Namenlosen steht eine Marie Durand. Sie blieb 38 Jahre lang eingekerkert und weigerte sich ihrem Glauben abzuschwören. Ich freue mich, dass wir an sie denken.
Der Hafen verlandete bald nach der Erbauung, aber gerade deshalb ist die Stadt so gut konserviert: Ein Fingerabdruck des heiligen Königs Ludwig. Heute muss man das Meer suchen und findet tatsächlich mit etwas Beharrlichkeit einen schönen Strand.
Grande Motte (es gibt auch einen gleichnamigen Berg in Savoyen) ist überwiegend eine Kunststadt aus unserer Zeit, eher erschreckend als anziehend. In dieser Gegend wird der Vin de Sable und der Listel kultiviert. Er wirbt mit seinem alten Namen für die Region. Schon Friedrich der Große und Karl Marx tranken diese Weine gerne. Allerdings jeder für sich.–
Eine ganze Weile habe ich rechter Hand einen riesigen Etang de Mauguio sowie den schon zitierten Canal Rhône- Sète. Dort findet bereits ein heftiger Hausbootbetrieb statt. Links liegt das Meer. Im Westen tauchen Berge auf (schon jenseits, noch weiter westlich als Montpellier), sie gehören zum Zentralmassiv.
Vor Montpellier liegen weitere riesige Étangs, dem von Moguio (= d’or) folgt der der Étang de Pérols. Man kann zwischen beiden hindurch zum Flugplatz, der nennt sich werbewirksam "Méditerranée" und weiter in die große Stadt mit ihren ca. ¼ Million Einwohnern. Der Name der Stadt bedeutet wahrscheinlich Mont Pelé, der geschählte, der nackte Berg. So einfach ist es manchmal mit den Sprachen. Es gibt eine sehr alte Universität, in heutiger Zeit ist die Hochschullandschaft reich gegliedert.
In der Stadtgeschichte haben die Hugenottenkriege eine große Rolle gespielt. Die Hugenotten wurden ihres Glaubens willen in den Süden vertriben. Das Edikt von Nantes schaffte eine brüchigen Frieden. Bis es zerbrach und eine Massenflucht auch in deutsche Länder auslöste.
Man kann auch meerseitig den letztgenannten Etang umfahren bis Palavas. Anschließend verläuft die Straße zwangsläufig tiefer im Land. Erst oberhalb von Sète geht sie zum Meer zurück. (Der große Verkehr wird sinnvollerweise an Sète und Agde vorbeigeleitet, also jenseits des Bassin de Thau. Das will ich nicht) .
Es lohnt sich die Wegeiser nach Sète zu suchen. Weil die Stadt beinahe von Wasser umschlossen ist, heißt sie auch "Klein-Venedig des Languedoc". Der Hafen ist viel jünger als Aigues mortes, nämlich in der Barockzeit gegründet. Die Gründer griffen in die Vergangenheit zurück. Da lag das Andenken an den "heiligen" Ludwig nahe: Kirche und Schifferstechen (Joute Nautique "Fête de la Saint Louis). Bei Rentnern ist Sète sehr beliebt.
Auf der Straße "Canal Royal" kann man promenieren, einkaufen und essen. Sehenswert ist das Museum zum Gedenken an Georges Brassens, der hier begraben ist.
Abb. 39: Malerei
im modernen Agde
Auf der ca 20 km lange Landzunge zwischen dem Mittelmeer und Étang de Thau führt die Straße nach Agde. Leider ist die Aussicht auf diesem Damm durch Windschutz eingeschränkt. Dieser Étang ist das Ende/derAnfang des Canal du Midi. Über dessen Geschichte will ich weiter unten bei einem Bild des Kanals in Narbonne noch etwas erzählen.
Das alte griechische Agde wurde 500 Jahre vor Christus von Griechen aus Marseille gegründet. Damals lag es am Meer. Es teilte das Schicksal mit vielen Häfen am Mittelmeer: versandet, und liegt heute 4 km vom Ufer entfernt. Der stattliche Fluss Hérault brachte den Schlamm und Dreck. Er selbst aber blieb der Stadt (natürlich) erhalten. Er benennt auch das Departement. Das lässt sich gut merken. Die Region heißt Languedoc, sie umfasst mehrere Departements.
Grau d’Agde heißt die Altstadt. Ein Besuch ist sehr empfehlenswert, sie hat den Charme des Midi.
Cap d’Agde ist eine touristische Neugründung am Meer, eine sog. Urbanisation, dazu viele Camingplätze. Austauschbar. Um ehrlich zu sein, ich habe dort gut gegessen.
Abb. 40: Am Cap von Agde
Abb. 41: Narbonne,
Canal du Midi,
ein Schmuckstück
Der Canal du Midi, dieses Bauwunder ist oft und gut beschrieben worden:
Pierre-Paul Riquet, ein Salzhändler hat diesen Kanal minutiös geplant und in nur 14 Jahren mit 12000 Arbeitern und Arbeiterinnen gebaut. König Louis XIV hat das Vorhaben genehmigt und 40% der Baukosten organisiert. 240 km ist der Kanal lang. Damals größtes europäisches Bauprojekt. Heute ist der Kanal Weltkulturerbe. Die bange Frage beim Bau des Canal du Midi war, kann man am Scheitelpunkt ausreichend Wasser zuführen? Es ist gelungen. Bei der gewaltigen Aufgabe waren die Umstände günstig und die Bauleitung umsichtig, ganz anders war es ca. 200 Jahre später beim Pananama-Kanal.
Abb. 42:
Häuserfront
am Canal
Abb. 43:
Narbonne
Kathedrale
Im Inneren,
Zustand nach
Bildersturm
Wir sind jetzt im Katharer-Land. In dieser Region entstand eine gewaltige Rebellion gegen die Kirche, die schrecklich niedergemacht wurde. Im nächsten Kapitel im Zusammenhang mit einer besonders großen Burg der Katharer erzähle ich noch mehr.
Abb. 44: Kathedrale von außen
Abb. 45: Kathedrale, Kirchenschiff
Abb. 46: Herzoglicher Palast in Narbonne
Wenn man so erzählt über die Geschichte dieser alten Städte, nennt jeder die Römer, vergisst aber die Westgoten, die doch viele Generationen in diesem Land herrschten. Sie haben eine rießiges Reich gegründet und verwaltet. Es schloss große Teile von Spanien aber auch diesen Süden Frankreichs, jedenfalls westlich des Rhône ein. Auf der iberischen Halbinsel mussten diese Westgoten den Mauren weichen. Ihr Spuren sind schwiegrig zu finden. Entdeckt man sie ist es umso reizvoller.Am Ende vom "Spanien"-Beitrag habe ich einige charakteristische Bauwerke aufgezählt.