Dort oben gibt es romanische Kirchen. Verweilt bin ich bei einer vorromanischen Kostbarkeit: Sa. de Lebeña. Das ist inspirierend, denn die Bögen sind maurisch, die Säulen römisch, Bänder, Kragsteine, Zierband und die Wand vor dem Altartisch westgotisch. Reich an Symbolen, Bilder waren ja in früher christlicher Zeit verboten.
Ein Graf Alfons hatte 925, dem Trend zum Reliquien-Tourismus folgend, etwas ganz Heiliges geklaut und dafür dieses wunderbare Kirchlein errichten lassen. Aber wegen des Raubes traf ihn das Gottesurteil: Er erlitt heftigen Brechreiz und wurde bleibend blind. – Warum gibt es heutzutage so wenig Gottesurteile?
Er hat zur Sühne das Kleinod an eine klösterliche Gemeinschaft verschenkt.
Im 19. Jahrhundert hat man die Bedeutung dieses uralten Kirchleins erkannt, es zum Nationalheiligtum erkoren und noch einen Turm dazukomponiert. Das ist die Erkenntnis aus einer Fremdenführung, von der ich alles verstand. Eindruck hat mir gemacht, dass die spanischen Besucher viel und laut lachen mussten. Ich glaube, das Erbrechen des Grafen Alfons wurde zu drastisch geschildert. Warum müssen meine Zuhörer in der Regel so wenig lachen?
Es ist bei Felswänden und scharfem Gegenverkehr nicht leicht zu fahren. Nach einer Rast in Potes und einem gelungenen Mittagessen bleibe ich (auf meiner ersten Fahrt) bei dem Entschluss, diese Reise zu beenden. –
Man muss in Spanien die Preise loben, aber hier in Potes ist es besonders gut und günstig!
Ich habe etwas versäumt, was kaum ein Pilger des Mittelalters versäumt hätte: den Abstecher zum Kloster Santo Toribio de Liébana. Ort einer der heiligsten Reliquien der Christenheit, des größten Teiles des Kreuzes Christi. Das war so wichtig, dass viele Pilger den weiten Umweg wählten.
Der höchste Punkt dieser Berge, der Torro Cerredo, ist übrigens 2648 Meter hoch (der Olymp des kantabrisches Gebirges).
Ich bin nicht bis zum Ebro-Stausee weiter östlich vorgedrungen. Der Ebro zieht sich nach Südosten über Zaragoza, um an der Grenze zwischen der Costa Dorada und der Costa del Azahar ins Mittelmeer zu münden. Um zu diesem Stausee zu gelangen, hätte man eine interessante, aber anstrengende Route fahren müssen, weiter bis Cervera, dann nach Aquillar. – Leichter auf größeren Straßen gelangt man zu diesem Stausee von Santander bzw. Torrelavega aus. Alles nur Ideen.
Den nächsten Teil der Reise habe ich also nicht zweimal gemacht. Diesmal bin ich nicht allein. Beim zweiten Anlauf sind Moni und ich zusammen gereist.
Weiter an der Küste, die Grenze von Kantabrien und Asturien überschreitend, von San Vicente de la Barquera (siehe oben) nach Llanes mit seinen zahlreichen hübschen Badebuchten und dem zinnengekrönten Turm der Kirche Santa Maria. Der Turm hat den Namen Cubo de Llanes. (Nicht verwechseln mit Panes, das liegt auf dem Weg in die Berge). Kahle Berge treten stark an die küstennahe Straße heran.
Die Umgebung ist reich an vorgeschichtlichen Grabhügeln, in der Nähe von Vidiago steht ein Menhir, genannt "Idolo", aus der Zeit der Megalithkultur. Die Küste heißt hier (etwas westlich von Altamira) Costa Verde. Einige Stichworte: viele Pappeln, reichlich Camping, aber auch Kultur mit mehreren alten Kirchen. Diese Küste ist sehr lang, man muss oft einen recht großen Abstand zum Meer halten, und bevor wir die bedeutendste Hafen- und Industriestadt Asturiens erreichen (Gijon), noch drei Orte besprechen, die uns gut gefallen haben:
Barro (oder Barru) **, nur wenige Kilometer westlich von Llanes. Schöne Felsen mit einem vorgelagerten Inselchen, viele Höhlen und "natürliche Brücken", Dünen, ein bisschen Sylt ohne die dortigen Preise, aber mit tollen Bergen im Hintergrund, gut geeignet zum Übernachten.
Ribadesella ***, dazu einige Stichworte: der breite Fluss Sella, den die Steilküste unterbricht und dem Ort Zugang zum Meer schaffte, ein fast südländisch imponierendes Städtchen, Kapelle oben auf der Steilküste (Eremitage), langer Strand mit Reichtum an vom Meer umgeformtem Treibgut, prähistorische Funde (Dinosaurier!). Solche Dinos kommen dem Fremdenverkehrsamt gerade recht.
In dem alten Städtchen haben wir zum ersten Mal den tollen asturischen Brauch erlebt, den Sidra einzuschenken: die Flasche über den Kopf und das Glas ganz tief in Schritthöhe. Zweck dieser Prozedur ist, dass es schön schäumt, nur so soll der "Moscht" gut schmecken. Geht zwangsläufig was daneben, wird das in einem Kübel aufgefangen. Die gesteigerte Variante bei diesem Verfahren ist, nicht auf Glas und Flasche zu schauen. Für Touristen ist das großartig. Diese Handlung gegen die Vernunft tut niemandem so richtig weh, nur einem Schwaben, weil er den Most verschwendet sieht.
Wir haben eine originelle Unterkunft in einem Haus von 1914. Mein Eindruck ist, dass man nach 1910 ein bisschen das Maß verloren hat und sich architektonisch ausgetobt hat. Jedenfalls war es liebevoll restauriert und für die Originalität eigentlich günstig zu haben, wenn man die Originalität in Betracht zieht.
Ein dritter Ort ist uns sehr angenehm aufgefallen auf dem Weg nach Gijon: Lastres ***. Er wird über Colunga erreicht. Dieser Ort ist gerade gut für eine Siesta: Alles ist gesperrt durch einen Unfall; ich glaube, hier muss man nicht verweilen. Aber das benachbarte Lastres ist ein Knüller. Moni findet es noch interessanter als Cudillero.