Abb. 029: Das schöne
Ensemble in
Castro Uridales
6. Nach Kantabrien bis Santander
Wir sind in Kantabrien! Castro Urdiales *** ist eine malerische Hafenstadt auf römischen Fundamenten und wird überragt von einem Doppel-Bauwerk: von der Wehrkirche und dem ebenfalls wuchtigen, von Tempelrittern erbauten Castillo de Santa Ana (heute für Kongresse genutzt).
Abb.030: Castro Uriales,
Burg der Tempelritter
Abb.031: Castro Uriales,
die famose Kirche
Diese Ensemble aus Kirche und Burg kann man besteigen, achterförmig umrunden, und ins aufgewühlte Meer spucken. Das prächtige Fotomotiv lenkt ab von dem ebenfalls netten Stadtkern. Jedenfalls gibt es am Hafen gut zu essen. Es herrscht mächtiger Betrieb auf dem Marktplatz am Hafen vor dem (venezianisch anmutenden) Palazzo. In das System mit den Tapas muss man sich erst hineinfinden. Wir kommen mit einem russischen Pärchen ins Gespräch, jugendlich und übermütig wollen sie nach Santiago und gleich weiter nach Lisboa und runter an die Algarve. Auf dem Platz vor der vornehmen Glasfront der Bürgerhäuser wird andalusischer Tanz vorgeführt. Großartig, aber so fremd wie Schuhplattler auf der Reeperbahn.
Abb.032: Stein trotzt dem Meer
Abb.033: Uralte Reliefs an der Kirche
Abb.034: Castro Uriales,
wildes Meer
um Kirche und Burg
Abb.035: Nordspanien, Nachrichten vom nahen Atlantik
Abb.036: Castro Uriales, Häuserfront am Meer
Abb.037: Rathaus
und Marktplatz
Abb.038: westl.
Castro Uriales,
Camino del Norte
Bei der Ausfahrt kann man auf der schon bekannten 634 bleiben oder auf die Autobahn auffahren. Beides ist schön. Auf dem Weg zur kantabrischen Hauptstadt Santander kann man, was die Landschaft betrifft, nichts falsch machen. Wir können bis Laredo ziemlich nahe der Küste bleiben. Ein richtiges Städtchen mit eineigen Hochhausklötzen. Dann kommt eine große Bucht bei Santoña, die uns nötigt, das Cabo de Ajo und sein flaches Umland abzuschneiden. Die Autobahn jedenfalls bietet eine mächtig Brücke und eine rasche Passage an.
Abb.039: Aussicht
vom Wanderweg
Abb.040:
Abendstimmung
in Nola
Ich suche auf kleinen Sträßchen mit relativem Kontakt zum Atlantik den Weg um die Bucht von Santoña herum nach Noja: Auf der 634 bis nach Gama (Vasco da Gama. Ist er daher am Ende gar kein Baske, sondern ein Kantabrier?) und dann die Abzweigung ins küstennahe Flachland. Bei Gama eine schöne Wanderung über recht bergige Pfade teils auf dem klassischem Jakobsweg.
Noja liegt dagegen im meernahe Flachland. Dieses Dorf bietet ein nettes Tourist Office. Ich hätte die angebotene Hilfe einer netten Dame besser in Anspruch genommen. Beim Suchen auf eigene Faust muss ich feststellen, dass viele Campingplätze geschlossen hatten, und der, den ich gerne in Anspruch genommen hätte, hat keinen "Aufnahmetag". Irgendwas ist kommunikativ schief gelaufen. Denkt der Angewiesene natürlich gleich "Die haben zu viel Geld". Irgendwie hat es irgendwo geklappt. Die Orientierung in Noja ist für mich schwierig, die Sonne schien im Osten unterzugehen und das beunruhigt mich. Es ist so, wie man leicht vermutet, der Strand liegt nach Osten, fast ein wenig Südosten, und meine Vorstellung der Himmelsrichtungen ist grundfalsch. Und was ist schwieriger, als eine eingefahrene Vorstellung umzuwerfen, sogar wenn man damit belohnt wird, dass die Sonne sich wieder in der gewohnten Himmelsrichtung bewegt.
Also leichte Probleme mit der Orientierung und mit den Schankwirten in Noja. In jedem Fall ist es ein Gebiet mit reichlichen Sandstränden und vielfältigen Campingmöglichkeiten.
Abb.041: An der
Meeresfront von
Santander
Santander macht einen sehr guten Eindruck mit seiner weiten, durch eine Landzunge gegen das offene Meer abgeschirmten Bucht und dem weiten Watt. Die Stadt liegt am westlichen und südwestlichen Ufer und passt sich an das ansteigende Gelände an; der Erzbergbau hat eine auf die Römerzeit zurückgehenden Tradition. Die Stadt hat außerdem gewonnen durch den Schiffsbau, den Amerikahandel und als Aufenthaltsort der königlichen Familie.
Im Jahre 1941 gab es ein Großfeuer, was die Stadt vernichtete und einen modernen Wiederaufbau nach sich zog. Diese Geschichte erinnert an Korinth (erste Fahrt).
Stichworte zur Weiterfahrt: die Dörfchen Ajo, Loredo, Blick über die Bucht nach Santander. Fähre (in Somo) oder Umfahrung der Bucht, vorbei an großen Raffinerien und Hochöfen.
Diese Region gehört zu denen, die im Bürgerkrieg besonders stark gelitten haben. Allerdings hat ganz Spanien bei allem geschichtlichen Schlamassel ein großes Glück gehabt und es blieb vom Zweiten Weltkrieg verschont. Diese Bemerkung klingt für manche zu "Franco-freundlich".
Unstrittig ist der durch Hitlers Hilfe zum Diktator aufgestiegene Franco verantwortlich für viele politisch motivierte Morde und andere Verbrechen. Die einzige Tat, wo er Anerkennung findet, ist eigentlich ein Nichtstun. Er hat Spanien nicht in Hitlers Krieg hineinziehen lassen.
Am 23. Oktober 1940 haben sich die Diktatoren in Hendaye getroffen. Der Ort wird meines Erachtens falsch als französisch angegeben. Tatsächlich ist er in Spanien, aber grenznah. Keiner der Berichte erwähnt, dass Hitler gerne triumphal in Madrid eingezogen und empfangen worden wäre. Ich habe diese Information von einem Zeitzeugen. Andere Geschichten von diesem Treffen sind besser verbürgt: Dass Hitler gesagt habe, er ließe sich lieber mehrere Zähne ziehen, als noch einmal mit Franco zu verhandeln. Auch, dass er die Eroberung Gibraltars verlangte. Es ist nicht ganz klar, ob er ein Durchmarschrecht für deutsche Truppen oder eine Aktion von den Spaniern verlangte. Beides hätte den Eintritt Spaniens auf der Seite der Achsenmächte bedeutet. Es war ein perfider Vorschlag, denn er hätte im ersten Moment einige Befürworter auf spanischer Seite gefunden.
Ganz konsequent war diese Haltung Francos nicht. Es hat zwar spanische Freiwilligenverbände (sog. División Azul) gegeben, die auf deutscher Seite im Zweiten Weltkrieg gekämpft haben. Es hat Lieferungen von seltenen Metallen an Nazi-Deutschland gegeben. Die Eroberung Gibraltars wurde verwehrt, worüber Hitler sehr wütend war.
Das letzte Reiterstandbild auf europäischem Boden wurde im Dezember 2008 vom Rathausplatz hier in Santander entfernt.
Abb.042: Typische
Fassaden
im schönen Santander
Auch zentral liegen die Stiftskirche und das überdimensionierte Postamt. Es ist eine Universitätsstadt. Alles ist sehr ordentlich.
Der Strand heißt El Sardinero und ist beliebt. Auf der schützenden Halbinsel ganz im Norden steht der Königspalast, heute Sitz der internationalen Universität.
In Santander gibt es ganz gute Informationen über den Jakobsweg, und zwar über den eigenen Camino del Norte. Der andere ist der fremde, der französische (eigentlich gar kein richtiger!). Tatsächlich werden die Pilger an den ausfallenden Straßen immer mehr. Schilder warnen, dass sie unvermittelt die Asphaltstraße überqueren. Auf halbem Weg nach Santillana ist bei Recreada der südliche Hang großvolumig durch Zementproduktion abgeknabbert. Bei Arce interessante Felsen. Bis zum Nordrand von Torrelavega kann man nicht am Meer bleiben. Dann geht es auf der Landstraße zurück Richtung Wasser und man kommt nach Santillana.
Karte der spanischen Jakobswege