Hier entspanne ich bei einem Spaziergang durch den regennassen Park am See. Im Norden liegt der markante Brunnberg, im Süden ein steiler "Zuckerhut". Wahrscheinlich liegt es schon auf der italienischen Seite.
Weiter geht es zum Grenzort Chiasso. Vorher überquert die Autobahn den Luganer See und führt dann eng am östlichen Seeufer entlang nach Süden.
Como am östlichsten der beiden unteren Zipfel des großen Lago di Como gehört schon zu Italien und wird auf meinem Weg nur tangiert.
Die tangentiale Autobahn um Milano herum ist nach wie vor eine Zumutung für einen ruhebedürftigen, nicht sehr temperamentvollen Menschen. In die Stadt hinein sollte man auch auf das Auto verzichten.
Es gibt die alten Probleme. Schilder muss man richtig verstehen und schnell lesen. Es hat doch in Griechenland geklappt. Jedenfalls kostet es Nerven. Aber schließlich führt der Götterbote mich zur A7, die von Mailand nach Genua verläuft. Vorbei an Pavía. Wenigstens habe ich gelernt, die Betonung in Zukunft richtig zu machen. Außerhalb der Stadt liegt die berühmte Kartause: Certosa di Pavía.
Zum Italienischen: Es fällt mir leichter als meinem Großvater auf seiner Reise 1929 – siehe meinen Bericht "August Buxbaum, Rom", ist es auch nicht verwunderlich bei dem Übermaß an lateinischem Schulunterricht, den ich genossen habe. 5 Jahre Latein weglassen und dafür ein Jahr Italienisch wäre zu schön gewesen um wahr zu sein. Also das Ei ist Ovo – Mehrzahl Ovi, Weintraube Uva – Uve. Diese allerersten Stolpersteine muss man erfolgreich meiden.
Weiter geht es schnurgerade durch die Poebene. Zweimal werden große Flussarme überquert (Ticino und Po). Der Weg führt aus der Lombardei durch Piemont nach Ligurien.
Dann kommt die Apennin-Traverse, die mir noch von unserer Reise vor 15 Jahren nach S. Margarita an der ligurischen Küste etwas unangenehm in Erinnerung ist. Zu beiden Seiten dieser Trasse liegen Dörfer mit ein paar Dutzend verschachtelten Häusern. An jedem haben zwanzig Generationen den Putz ausgebessert, die Orte sind trotzdem interessant, fast sogar schön. Das Gewöhnungsbedürftige kommt von der Enge dieser Autobahn, man kann beinahe die Blumentöpfe von den Balkonen greifen. Die Autobahn könnte nicht viel breiter gemacht werden, denn man hätte dazu endgültig in die Wohnzimmer hineinbauen müssen.
Allerdings gibt es zum jetzigen Zeitpunkt durch die Parallelautobahn vom Lago Maggiore über Alessandria eine erhebliche Entlastung.
Der neue orange-beige Straßenbelag fühlt sich von der Pneumatik gut an. Im Vergleich zu Griechenland fällt die Qualität der Straßen auf, keine Löcher, nicht einmal Felsbrocken. Der berühmte Wagenlenker von Delphi wäre hier beinahe unnütz. Ich komme durch das Dorf, Vigole Borbeta. Kann das sein? Borbet ist eine germanische Göttin. Die Namensgeberin der berühmten Stadt Worms. Die Farben in Borbeta sind harmonisch , der Regen hält an. Er hat ja eine große Auswirkung auf den optischen Eindruck. Die Bauwerke passen sich in die raue Bergwelt ein. Nur an einigen Ecken meldet sich die helle Frühlingsvegetation. –
Es gibt in der Nachbarschaft dieser Autobahn keine Werbung für ein Hotel, keine Aussichtspunkte. An solchen Firlefanz hat man zur Zeit des Baus nicht gedacht.
Bei Busalla spucken größere Raffinerien Dampf und Gas.
Beim Abstieg aus dem Apennin wird es doch etwas ungemütlich, weil mich zwei Lastwagenfahrer bedrängen. Sie signalisieren mir, ich solle wenigstens 80 fahren, es seien ja sogar 60 vorgeschrieben. Hoffentlich geschieht dies nur aus Mutwillen und nicht wegen schwacher Bremsen.So geht es recht kurvig nach Genua herunter. Ich weiß noch nicht, dass ich einige Tage später in Genua viel Spaß haben werde. Einige Dutzend markant hässliche Hochhäuser markieren die Nähe der Großstadt. Bevor ich diese erreiche, folge ich aber der gut markierten Abzweigung nach Osten in die küstenparallele Autobahn. Sie wird nach klassischem Vorbild "Aurelia" genannt. Die alte Via Aurelia gibt es noch; sie verläuft überwiegend küstennäher.
Diese "Aurelia-Autobahn" ist ein technisches Kunstwerk. Es waren viele leider wenig schöne Tunnels erforderlich. Die Dörfer in den Bergen sind jetzt im Vergleich zur Apennin-Überquerung viel malerischer, vielleicht auch deshalb, weil die Autobahn sie nicht so brutal anschneidet. Die Brücken-Konstruktionen mit vielen Stahlbalken erlauben nur eine eingeschränkte Aussicht. Das Verkehrsaufkommen ist hoch, alle Genoveser wollen heim in ihre "fünf Dörfer"; Schilder mahnen "non rischare!", kein Risiko eingehen. - Ich sehe zum ersten mal zwischen den stählernen Balken nichts geringeres als das Meer. Das muss ich Moni telefonisch melden (klassisch hätte dies mit dem Ausruf: Thalassa! erfolgen müssen).
Obwohl ich die kürzeste Verbindung von "zu Hause" zum Mittelmeer gefahren bin, hat sich die Fahrt in die Länge gezogen. Alle 8 Tage wollte und könnte ich das nicht machen. Wegen Müdigkeit der Entschluss, "La Spezia" auszulassen.