Fliegt mit uns ein gesunder Pilot?

Wenn ein Arzt weiß, dass ein Patient mit einem Hang zumSelbstmord ein Flugzeugpilot ist und Hunderte von Menschenbefördert, hat er dann Recht das Arztgeheimnis zu offenbaren? Bezöge sich die positive Antwort auf die Frage auch auf„Flugzeugpiloten im Staatsdienst“?

Vor einiger Zeit wurde Polen in seinen Grundfesten erschüttert. Der Pilot eines deutschen Passagierflugzeugs krachte gegen eine Felswand in den Alpen, weil er sich entschied Selbstmord zu begehen. Bald stelltees sich heraus, dass er in der Vergangenheit Selbstmordneigungenzeigte und wegen der psychischen Störungen in Verbindung mitDepression bei mehreren Psychiater behandelt wurde. Die Ärztekannten die Fakten und wussten, dass der Kranke als Pilot fürPassagierflugzeuge arbeitete. Doch hielten die sich an die ärztlicheSchweigepflicht und offenbarten die Wahrheit nicht.

Ethisches Dilemma

Im Laufe von mehreren Jahren hatte ich die Ehre die mitteleuropäischen Länder im Internationalen Bioethik-Komitee UNESCO zu repräsentieren. Nach der Besprechung der aktuellen bioethischen Problemen auf weltweiter Ebene im Ausschuss, wurden Standpunkte und einschlägige Richtlinien des Komitees veröffentlicht.

Eines der Themen, das ich vortrug, waren Grenzen derVertraulichkeit hinsichtlich der Offenlegung oder Nichtoffenlegungder Ergebnissen von genetischen Tests. Und eben damals, wasgeschah einige Jahre vor der genannten Katastrophe, führte ich einBeispiel über eine Situation an, die man völlig für die Ausnahmeund Verzicht auf Vertraulichkeit qualifizieren kann.

Es war ein Beispiel, wo bei der genetischen Untersuchung desPassagierpiloten von Jumbo - Jet eine pathologische Mutation inihrer Vorzeichenphase entdeckt wurde. Die Mutation sollte sich baldunvermeidlich in eine ernsthafte Krankheit verwandeln. Symptomedieser Krankheit manifestieren sich durch neurologische undpsychische Störungen, einschließlich Persönlichkeitsstörungen, oftmit dem Hang zum Selbstmord. In dieser Situation, im Hinsicht aufhöheres soziales Wohlbefinden haben Ärzte nicht nur das Rechtaber auch die Pflicht, sich zu bemühen eine Tragödie zu verhindern– selbst wenn der Patient das nicht für erforderlich hält.

 

 

Und hier verwende ich eine Metapher: es kann passieren, dass Flugzeugpiloten im Staatsdienst, die geistig nicht völlig gesund sind oder ernsthafte Persönlichkeitsstörungen aufweisen – das Fahrzeug auf hohe Geschwindigkeit bringen und gegen eine Betonwand prallen wollen – dann könnte in diesem Moment eine kluge ausgewogene ärztliche Stellungnahme, die im richtigen Moment abgegeben wird, eine andere als hier oben beschrieben, aber genauso sehr gefährliche Katastrophe zu verhindern – und zwar in viel höherem Ausmaß.

Schon oft zuvor, aber besonders vor einigen Tagen, hatten wir die Gelegenheit - nicht nur auf den Abgeordneten – Bänken - das Verhalten von anwesenden Flugzeugpiloten zu beobachten. Es erschienen zahlreiche Publikationen mit ausdrucksvollen Bilder, wo diese Dinge klipp und klar beim Namen genannt wurden, obwohl die nicht in medizinischer professionellen Sprache verfasst waren. Es erschien sogar eine Andeutung der Berufung eines Ärztebeirats, der in dieser Angelegenheit eine ausgewogene professionelle Stellungnahme genommen hätte.