In der späten Nacht war ein der Motorradfahrer ins Krankenhaus eingeliefert worden. Er hatte sich nichts gebrochen und verspürte im Liegen keine Schmerzen. Der Chefarzt machte morgens Visite, üblicherweise mit Oberarzt und allen Assistenten. Am Bett des Motorradfahrers wurde verfügt, dass dieser noch ein, zwei Tage zur Beobachtung dableiben müsse. Immerhin erkannte man, dass ein Missverhältnis bestand zwischen einem schweren Unfall und dem Anschein nach geringfügigen Verletzungen mit Hautabschürfung. Sollte der Patient einfach sehr großes Glück gehabt haben?

Bevor man sich dem nächsten Patienten zuwendete, bemerkte Egmont, dass der Puls des Patienten 120 Schläge pro Minute zählte. Der junge Mann klagte über Durst und, dass die Schwestern ihm das Trinken verweigert hätten. Man befasste sich eingehender mit dem Leib; dieser war leicht aufgetrieben, der Patient schien bei der Atmung die Bauchmuskulatur zu schonen. Unter dem linken Rippenbogen fand sich eine nicht weiter dramatische Hautabschürfung. Dort berichtete der Patient, habe er seinen Fotoapparat getragen, auf den er dann gestürzt sein. Nach kurzer Besprechung lag die Verdachtsdiagnose fest. Die Visite wurde sofort unterbrochen, der Patient in den Operationssaal gebracht und in Narkose versetzt. Zwischenzeitlich begann das Operationsteam mit der Händedesinfektion. Nach Eröffnung des Bauchraumes bestätigte sich der Verdacht: in der freien Bauchhöhle ca. 2 l Blut ausgehend von einem Riss der Milz.

Das also war die Ursache von Durst und schnellem Puls, eine innere Blutung, verursacht von einem Gegenstand, dem Fotoapparat, auf den der Patient gefallen war. Für die Beschaffung einer Blutkonserve einschließlich Kreuzprobe zur Verträglichkeitsprüfung blieb nicht genügend Zeit, also versah man ein steriles Trichter-förmiges Gefäß mit einem sterilen Tuch. Das Blut, das man löffelweise im Bauchraum entnahm, wurde über eine bereits angelegte Infusionskanüle dem Blutkreislauf wieder zuführte. In der Zwischenzeit war auch schon die Milzarterie abgeklemmt und die zerrissene Milz konnte mobilisiert und entfernt werden. Der Motorradfahrer war knapp dem Tod entkommen.

(Anmerkung: die Methode der Autotransfusion war nicht neu und hat in den folgenden Jahrzehnten bei gleichem Prinzip technische Verbesserungen erlebt. Triebfeder war es, Transfusionen von fremdem Voll-Blut sparsam anzuwenden um die nie ganz auszuschaltenden Risiken zu vermeiden. Die Beobachtung von Unfallverletzten erfolgt heute knapp 60 Jahre später viel systematischer und damit genauer).