In diesem Institut gab es damals schon Computer. Van de Rijnentoens arbeitete mit diesen, aber gleichzeitig mit einem uralten System: Schuhkartons mit zahllosen Karteikarten, welche am Rand gelocht waren: ein Loch bedeutete „ja“, war es mit einem „Knipser“ zum Rand hin geöffnet war, bedeutete es „Nein“. Mit einer Stricknadel konnte man bestimmte Fälle herausangeln: zum Beispiel „gesicherte Über-Funktionen der Schilddrüse“ jetzt konnte man - ebenfalls mit Hilfe dieser Nadel - im ausgesuchten Packen feststellen, welche Symptome hatten diese Menschen? Es liegt ja zwischen den Symptomen und der Diagnose ein dorniger Weg. Selbst das typischste Symptom kann fehlen oder auf eine falsche Spur führen. Ich schätze die Zahlen aus der Erinnerung: 70 % dieser Über-Funktionen hatten einen Puls über 100 pro Minute. 65 % hatten einen Unterschied von über 60 mm Hg zwischen dem oberen und dem unteren Blutdruckwert. 50 % hatten „heiße Hände“, 45 % hatten einen „feinschlägigen Fingertremor“. Mit einer Vorstellung von der Wertigkeit dieser Symptome konnte man aus dem klinischen Bild eine Verdachtsdiagnose formulieren. War der Verdacht ausgesprochen, wurde er erhärtet durch die Bestimmung der Schilddrüsenhormone aus dem Blut. Sie heißen in der Kurzform T3 und T4.
Neben der Objektivierung, die in diesen Zweig der Medizin Einzug hielt, öffneten sich faszinierende therapeutische Möglichkeiten: die zwar seltenen aber tückischen Schilddrüsen-Karzinome hatten zu einem Teil die Eigenschaft Jod zu speichern beibehalten. Man konnte sie mit einer genau berechneten Dosis eines speziellen radioaktivem Jod-Isotopes vernichten. Ja sogar Metastasen solcher Karzinome konnte man zu einem Teil therapieren. Eine Revolution in der Medizin. -