Egmont hatte Sonntags-Bereitschaftsdienst im Krankenhaus, diesen 48-Stunden-Marathon. Oft gab es stundenlange Pausen: ruhige echte Pausen, gelegentlich aber auch so viel Arbeit, dass keine Zeit für die Mahlzeiten blieb. – Diesmal war es ein ruhiger Sonntagnachmittag, kein Herzinfarkt kein Schlaganfall. Die Besucher hatten das Haus verlassen. Ein leichteres kurzes Sommergewitter war weitergewandert.

Plötzlich kam Unruhe auf. Ein praktischer Arzt aus einem benachbarten Dorf fuhr mit quietschenden Reifen vor. Schnell eine Trage! Im Dauerlauf brachte man den 16-jährigen Patienten; er war vom Blitz getroffen worden. Egmont war sofort zur Stelle, ebenso die diensttuende Schwester, eine Schwesternschülerin und zufällig ein Rote-Kreuz-Sanitäter.

Egmont stellte fest, dass das Herz jungen Mann stillstand, keine Atmung war mehr festzustellen, die Pupillen schon erweitert. Der Junge war tot. – Ohne sich lange aufzuhalten, begann Egmont mit einer Herzdruckmassage, der Sanitäter mit einer Mund zu Mund Beatmung. Für beide war es das 1. Mal, dass sie das tun mussten, bisher waren es für sie immer nur theoretische Überlegungen oder Übungen am Phantom gewesen. Egmont wies die Schwester an, ihm eine Spritze mit Traubenzuckerlösung und Strophanthin zu richten mit langer Injektionskanüle. (Anmerkung des Berichterstatters: die Art des Medikamentes wäre heutzutage nicht mehr zeitgemäß, sondern ein Kunstfehler! Hier haben wir einen historischen Bericht, der Herzmassage, Beatmung und Lagerung gut schildert; aber diese Medikation gehört nicht zu einer zeitgemäßen Reanimation!)

Die Schwester flog förmlich, Egmont begriff erst jetzt so richtig, dass es hier auf Sekunden ankam. Er zählte die Rippen auf der linken Seite ab und stieß die Kanüle zwischen 2 Rippen tief ins Herz. Er traf die anvisierte Herzhöhle. Und injizierte den Spritzeninhalt dann fuhr mit der Herzmassage fort. Nach kurzer Zeit hörte er mit dem Stethoskop den ersten spontanen Herzschlag, wenig später spontane Atmung. Rasch war ein Sauerstoffzelt in Position gebracht. Der junge Mann darunter so gelagert, dass er nicht am erbrochenen Mageninhalt ersticken konnte und siehe, die Herzaktion wurde regelmäßig und kräftig. Am Abend klärte bereits das Bewusstsein auf. – Der Wettlauf mit dem Tod war gewonnen. Egmont war an diesem Abend der glücklichste und stolzeste Mensch auf Erden.