Der bericherstatter ist gut 10 Jahre jünger als van de Rijnentoens. Vor 48 Jahren, 1970 habe ich mein medizinisches Staatsexamen gemacht. Am 2. Januar 1971 klopfte er an die Tür der medizinischen Poliklinik, Abteilung „Isotopen“. Damit begann seine Berufstätigkeit (als sogenannter Medizinalassistent). Van de Rijnentoens war Facharzt für Innere Medizin und nach seinem Chef der Dienstälteste in diesem Institut. Er wusste alles, wenn irgendwas gesucht wurde, irgendein Problem zu lösen war. Mir sprach er Mut zu, falls ich irgendwas nicht wüsste und empfahl mir, einen Zettel zu schreiben, auf dem stehen sollte: „Heli Lere!“ Den sollte ich jeden Morgen anschauen. Auf meine Frage, was das bedeutete, sagte er nach kurzem Zögern: Herz links, Leber rechts. -

So einfach war es in der Praxis tatsächlich nicht. Aber die Sprüche, die van de Rijnentoens parat hatte, waren unerschöpflich nach dem Motto: ich sage es ihm jetzt zum allerletzten Mal im Guten: machen Sie es sich auf diesem Stuhl bequem! Als ein ausgesprochener Angeber sich vorstellte: „mein werter Name ist Meyer“ antwortete er, mein Allerwertester ist rau. In der Abteilung gab unter anderem einen Fragebogen; von diesem sagte Egmont, er sei deshalb so gut, weil auch sein Name verwendet worden sei. Da hieß es nämlich: die Haut des Patienten, zart, trocken oder rau. –

Zurück zu diesem Institut und dem Jahr 1970: der Entdeckung der Kernspaltung hatte neben den schrecklichen auch segensreiche Möglichkeiten eröffnet, nämlich bestimmte Elemente z. B radioaktives Jod in kleinen und kleinsten Dosen auf dem Weg durch den Organismus zu verfolgen. Der Grundsatz war „messen und vergleichen!“

 Der Patient wurde mit einem sogenannten Scanner abgetastet. Im anderen Teil des Raumes malte ein Drucker ein Bild der Speicherung des „Nuklids“ auf ein Papier. Wir liebten diese Bilder besonders in farbiger Ausführung. Es war eine bunte Zeit, Nebenbei: die Diagnostik erfolgte schon lange nicht mehr mit radioaktivem Jod, sondern aus Gründen des Strahlenschutzes mit einem Isotop des Technetiums.

Van de Rijnentoens schärfte mir am 1. Tag ein, bei der Schilddrüse streng zu unterscheiden zwischen Veränderung der Form und Veränderungen der Funktion. Die wichtigste Veränderung der Form war in unserer Gegend der Kropf durch Jodmangel (oft bei völlig normaler Funktion). An der Wand hing eine große Tafel des Bezirks gespickt mit unzähligen Fähnchen; sie markierten die Kröpfe. Ihre größte Dichte fand sich in Iphofen, wo der Gipsboden das Jod besonders zurückhält und dem Menschen vorenthält.