4. Golf von Biscaya, Baskenland bis Bilbao
Die großen Städte am Atlantik sehe ich nur in Form der Lichter am nächtlichen Himmel. In Bidarges vor St. Jean finde ich eine ganze Campingkolonie, sogar einen beheizten Pool. Der Abstieg über wilde Laubengänge zum Meer, und vor Allem: zu gutem Essen. Es erinnert mich an Heinrich Heine, der gesagt hatte, vor dem ersten französischen Koch wolle er niederknien und den Saum seine Schürze küssen. – Nur ist es nass und kalt geworden. Zwar ist der Hunger gestillt, aber eine neue Herausforderung tritt auf. Ich hatte viel erlebt, habe Kreuzschmerzen, es ist nass, ihr könnt euch denken, als jetzt noch eine dramatische Magenverstimmung hinzukommt, ist der Jakobsweg in Gefahr.
Kleine Länderkunde der Nordküste Spaniens, Beginn Baskenland
Überschreitet man am Atlantik die Grenze von Frankreich und fährt an Spaniens Nordküste entlang, so ist man für 120 km im Baskenland. Drei Große Städte auf diesem ersten Abschnitt sind San Sebastian, Bilbao und Gasteiz = Vitoria (im Landesinneren).
Weiter an der Küste westwärts durchqueren wir Kantabrien.
Am südlichen Horizont ragt das mächtige kantabrische Gebirge auf; die wichtigste Stadt auf diesem Streckenabschnitt heißt Santander.
Anschließend verläuft unser Küstenweg ca. 200 km durch Asturien (ein Dreieck von drei großen Städten Oviedo, Avilés und Gijon).
Dann folgt schon das Nordwesteck der iberischen Halbinsel: Galicien mit den großen Städten La Coruña, Santiago und Vigo. Alles, was im Westen der iberischen Halbinsel liegt, hat etwas mit dem Gockelhahn = Gallus zu schaffen: Portu-Gal und Gal-izien.
Südlich dieser genannten Küstenprovinzen wird es mit der Orientierung nicht einfacher, da auch in der zweiten Reihe, "im Land", verschiedene Länder liegen:
Im Süden/Osten des Baskenlandes Navarra mit der Hauptstadt Pamplona.
Im Süden des Baskenlandes La Rioja, relativ klein, aber wegen seiner mächtigen Weinproduktion recht gut bekannt.
Südlich von Kantabrien und Asturien liegt Leon mit der gleichnamigen Hauptstadt und dem berühmten Burgos.
In dieser zweiten (südlichen) Reihe bewegt sich der "französische" Jakobsweg: nämlich durch Navarra, Rioja und Leon nach Galizien hinein.
Die erste große Stadt in Spanien ist Irun. Sie liegt in der Tiefe einer fjordartigen Bucht, daher etwas weg vom Meer.
Enger am Meer dran sind: Einmal Fuenterrabia, ein kleines Residenzstädtchen mit dem Palast von Karl V. und einem sehenswerten Fischerviertel. Der andere Ort ist Hendaye, auch einen Spaziergang wert. Eine Bedeutung bekam der Ort in jüngerer Geschichte als Treffpunkt von zwei Diktatoren. Darüber schreibe ich noch etwas bei "Santander".
Wir sehen, es ist ein beliebter Landstrich, Verkehrsknotenpunkt, Standort von Handel und Industrie und daher sehr dicht besiedelt. Überall an der Biskaya erinnert es mich an die Bretagne: aufgeräumt, geputzt. Im Charakter ganz anders als auf der Mittelmeerseite des französischen Midi.
Es wird so dicht und unübersichtlich, dass ich vorbei an industrieller Geschäftigkeit ausweiche auf die Autobahn, in Richtung der Provinzhauptstadt San Sebastian = Donostia. Die Größe dieses vornehmen und reichen Seebades unterschätzt man. Im Charakter erinnert es an Wiesbaden. Ich parke am Stadion (heißt es "Olympia"?) und habe dann noch einen Weg von gut drei Kilometer bis zur Playa de la Concha am Rande des Monte Urgull. Dieser repräsentative Strand wird gegen das offene Meer durch eine Insel, Santa Clara, abgeschirmt. Auch die spanischen Könige hatten hier ihren Sommersitz. Ein weiterer Berg, auf den man mit der Seilbahn fahren kann, ist der Monte Igueldo. Oben darauf isteine Statue, damit auch der Neuankömmling die Berge gut unterscheiden kann
Ein historisches Datum, das sehr häufig erscheint, ist 1813: Unabhängigkeitskrieg, dies bedeutete für San Sebastian die Zerstörung.
Wir sind im Baskenland. Das Wappen ist eine Art Georgskreuz. – Im Abendland gibt es den Georg und sein rotes Kreuz ja an jeder zweiten Straßenecke. Er ist der Superstar. Seine Geschichte liegt sehr im Dunkeln. Daher kann man ihm besonders viele Heldentaten andichten. Sein viel älterer "Bruder im Glauben" Jakobus = Jago ist geschichtlich zu fassen. Er ist fast zu geschichtlich, um sein Leben mit Phantasiegeschichten auszuschmücken. Man musste sich auf die Zeit nach seinem Ableben beschränken. Erst da beginnt die Abenteuer- und Erfolgsgeschichte des Jakobus.
Wir sind richtig im Baskenland, es ist ein Musterländle, die Sprache soll aus Nordafrika kommen, die älteste in Europa sein. Es klingt so, als ob man Käfer tottritt, also beinahe wie deutsch. "Portua" ist das einzige Wort, was der Ausländer verstehen kann. Ich habe mich mit freundlichen Leuten unterhalten; von Radikalismus habe ich nichts bemerkt. Man verschweigt zum Glück die Geschichten um den baskischen Europa-Abgeordneten. Gott sei Dank, dass man ihm nicht zu viel Publizität bietet. Gott sei Dank, dass die meisten – so wie ich – seinen Namen vergessen haben und seine Projektions-Phantasien dumm finden.
Nach Donostia glaubt man, durch den Schwarzwald zu fahren.Jetzt sind die ca. 30 km sehr dichter Besiedlung und wirtschaftlicher Aktivität zu Ende, es wird ländlich auf der N 634. Die muss man sich merken, denn sie ist die Richtschnur für den nördlichen Jakobsweg.
Nach ca. 15 km kommt man wieder an die Küste und an einen besonders breiten und langen Strand. Entsprechend ist ein touristischer Ort auf die Größe eines Städtchens angewachsen: Zarauz (dort waren Moni und ich vor neun Jahren). Die Beliebtheit und entsprechende Bautätigkeit ist ungebrochen. Auf dem Hügel östlich liegt eine Campingplatz, der an Größe, Einrichtung und Ausblick besticht. – Nach längerem Suchen findet man am westlichen Stadtrand alte Substanz: ein richtiges Schloss (es erinnert von ferne an Tossa del Mar an der Costa Brava).
Jetzt bleibt man zehn Kilometer meernahe (netter Fußgängerweg) bis zu einem weiteren Badeort, Zumaya. Dieser hat eine Gemäldegalerie eines aus diesem Ort stammenden Malers. Er hat auch noch die Villa dazugestiftet. Die Maler müssen viel für ihre Bekanntheit tun.
Das Kloster am Geburtshaus des Ignatius von Loyola, des Gründers des Jesuitenordens, liegt weiter drinnen im Lande.
Liebe Leser, Sie merken, dass es immer wieder zum Meer und wieder weg geht. Jetzt geschätzte zehn weitere Kilometer, um bei Deba die Mündung eines Flüsschens wieder zu erreichen. Der Ort ist größer als gedacht und leistet sich ein paar Hochhäuser und eine beachtlichen Bootshafen.