Weiterfahrt nach Freiberg, diese Stadt ist ein Erlebnis.
Um das Jahr 1200 entdeckte man das Silbervorkommen. Es war eine erste größere Entdeckung dieser Art in diesem Land. Wenig später rief der Fürst diesen Ort, der ursprünglich ganz anders hieß, als "freien Berg" aus. Jedermann konnte kommen und sich am Bergbau beteiligen. Natürlich mussten die Neuankömmlinge etwas abgeben, sich an die fürstliche Stadtplanung halten und die Befestigung der Stadt bauen.

Von den Türmen ist nur noch der sogenannte "Weiße Turm" vollständig erhalten (wie in Thessaloniki). Die Stadtmauer mit ihren fünf Toren ist dagegen fast vollständig erhalten. Die Stadt hat drei bemerkenswerte Kirchen: "Nikolay", "Petri" und den Dom. Später zu den Details.

Ein Turmrest befindet sich am Schloss = Freudenberg, das beherbergt ein sehr gut aufgemachtes Mineralienmuseum. Besonders gut gefällt uns der Pyrit und das synthetisch hergestellte Wismut. Man hat einen raffinierten Vergleich gemacht zwischen der Fauna (bunten Schmetterlingen) und unbelebter Materie in Form ungewöhnlich strukturierter und gefärbter Mineralien. – Sogar die Toiletten im Kellergeschoss sind raffiniert angelegt.

Außerhalb der Befestigung, ganz in der Nähe der Burg, befinden sich drei größere Teiche und eine schöne Parkanlage.
Die berühmte Bergbau-Uni ist in den letzten Jahren aufgeblüht, es wird eine Vielzahl an Fächern gelehrt.

Der obere Markt in Freiberg mit dem Rathaus (Glockenspiel aus Meißener Porzellan) ist sehenswert. Dort stehen der Ratskeller und repräsentative Bürgerhäuser.

Nahe der Tourismus Information trinken wir einen Kaffee. Der Weg führt uns zur Nikolaikirche, diese hat zwei uralte, mächtige, romanische Türme und ein riesengroßes Schiff, das Innere gänzlich barock. Die Kirche wird bei der Stadtbeschreibung vernachlässigt, ist aber besonders interessant und kontrastreich. Daneben liegt eines der ältesten (oder das älteste überhaupt) deutschen Stadttheater; Webers Oberon wurde dort uraufgeführt.

Der Dom ist "turmlos" (Zisterzienser), war zuerst romanisch, ist wie häufig in Sachsen einem Stadtbrand zum Opfer gefallen und gotisch nach sächsischer Art aufgebaut, mit sehr schlanken Säulen und sehr hohen Seitenschiffen (= Hallenkirche). Bei diesen gewaltigen Gewölben musste man gewöhnlich den Druck nach außen durch seitliche Strebepfeiler abfangen. Bei dieser Kirche geschieht das dadurch, dass die seitlichen Pfeiler sehr breit und schwer ins Seitenschiff Richtung Mitte der Kirche hineinragen, so fangen sie die auseinanderstrebenden Kräfte auf.

Die Kirche ist angefüllt mit Kunstgeschichte. Die Pfeiler im Mittelschiff tragen sieben kluge (im Licht stehend) und sieben törichte Jungfrauen (natürlich im Dunkel). In den Seitenschiffen gotische Apostelfiguren, nach dem Verlust ihrer Hände und ihrer typischen Utensilien hatten sich die Kunstgeschichtler schwergetan, diese Apostel richtig zu benennen.
Ein Judas wurde da schon mal zu Johannes, und der Johannes, nur weil ihm ein paar Locken abgebrochen sind, zu seinem Todfeind, dem Petrus.

Spektakulär sind die beiden Kanzeln, besonders die filigrane und völlig freistehende Tulpen-Kanzel. Sie wird auch mit einem Kelch verglichen, da sie mit Traubengirlanden verziert ist. Die ungeheuer feine Arbeit war möglich, weil man als Material keinen Sandstein, sondern Tuff verwendete. Sicherheitshalber hat man in neuerer Zeit diese hochragende, auf einem winzigen Sockel stehende Kanzel mit zwei Eisenstangen an den benachbarten Pfeilern befestigt. Die schlanke Treppe, die sich nach oben schlingt, wird von mehreren Gestalten getragen, darunter sind auch ein "Steiger" und ein "Knappe".

Das romanisch empfundene, aber eigentlich Renaissance-Kruzifix ist umgeben von zwei Stifterfiguren, es ist der Bürgermeister und seine Frau. Das Ganze entstand mitten im Dreißigjährigen Krieg, in einer Zeit, in der fast überall die Bautätigkeit zusammenbrach, einfach weil die Mittel fehlten. Christus erscheint in der Pose des Siegers, des Triumphators. In starkem Kontrast dazu im Seitenschiff der gotische, gequälte Jesus im Todeskampf. Dieser hat echtes Haar, was wir noch mehrfach bei Kirchenfiguren aus dieser Zeit in dieser Region sahen.

Berühmt an dieser Kirche ist die Goldene Pforte, ein romanisches Portal, sehr repräsentativ und für die frühe Zeit ungewöhnlich bebildert: Es enthält den gesamten Katechismus. An der Seite wird alles bewacht von zwei archaischen Löwen. Andere Figuren sind viel lebendiger, man ahnt die beginnende Gotik voraus. Da gibt es die armen Seelen, die aus den Gräbern steigen und von Engeln aufwärts getragen werden, einige werden gleich in Abrahams Schoß gebettet. Alle werden erlöst! Das ist die Glaubensrichtung der Zisterzienser: Gott ist gütig, er hält für alle Menschen die Erlösung bereit, Menschen dürfen und sollen aber etwas tun, um an ihrer Erlösung mitzuwirken. Deshalb waren die Zisterzienser fleißig.

Dann gibt es noch eine Fülle biblischer Figuren: Aaron, der auf der von ihm beherrschten "Rotte Cora" steht, Johannes steht auf einem Menschen, der die Botschaft nicht hören will, David mit seiner Frau, Salomon mit der Königin von Saba, Daniel steht auf einem Löwenkopf.

Der Name "Goldene Pforte" kommt daher, weil sie ursprünglich lebhaft bemalt und mit Gold belegt war. Die Farbe ist mit dem Auge nicht mehr erkennbar, aber mikroskopisch nachweisbar.

Was ist der Lettner? Die strukturierte Wand, die die ganze Apsis vom Kirchenschiff trennt. Diese Apsis ist umfunktioniert zu einer Grabstätte sächsischer Herrscher, vor allem der WETTINER, es sind mehrere Dutzende. Somit ist dieser Dom von Freiberg ein sächsisches Nationalheiligtum. Dominant in der Mitte das Renaissance-Grabmal eines Moritz, von seinem dankbaren Sohn (!) errichtet. Der hier Bestattete war der Spross von "Heinrichs", der in Freiberg lebenslang residierte. Dieser Herrscher war der katholischen Kirche steuerpflichtig, koalierte aber häufig einerseits mit protestantischen Herrschern und andererseits mit dem Kaiser, der ihm dafür die Kurfürstenwürde versprach. Das bedeutete, dass die Sachsen an der Wahl des Kaisers teilnehmen durften. Diese Würde hatten die Bischöfe von Mainz, Trier und Köln.

Die sächsischen Fürsten hatten eine besondere Beziehung zur Stadt Freiberg: Sie waren ihr sehr dankbar in Erinnerung an all das Silber, das die Freiberger aus dem Berg gekratzt hatten.

Berühmte Menschen waren in Freiberg tätig: Novalis, der zarte Dichter mit dem ungesunden Drogenkonsum, ebenso Silbermann, der Orgelbauer, er hatte am Obermarkt ein Haus. Er baute 40 Orgeln, seinen ersten großen Auftrag erhielt er 27-jährig und zwar für den Dom. Er überschritt Bauzeit und Bausumme, machte aber klar, dass dieses Werk ganz besonders gelingen und den Ruf von Freiberg weit in die Lande tragen würde. Es gab aber im Orgelbau auch Saure-Gurken-Zeiten, in denen baute er Cembalos, andere Instrumente, auch Hammerklaviere.

Der Dom konnte noch eine zweite Silbermann-Orgel "an Land ziehen", und zwar eine aus einer anderen Kirche, die baufällig geworden war. Jeden Donnerstag um 18 Uhr gibt es ein Konzert, auch wir hören das und bereiten uns anschließend im historischen "Pfeffersack" neben der Kirche auf die Weiterfahrt vor.

Der Schwedenkönig hatte die Stadt Freiberg in Besitz, Napoleon hatte die Burg in Besitz genommen und dort ein Lazarett eingerichtet.
Wir können und wollen uns nicht so viel erlauben wie Napoleon und müssen mühsam eine Unterkunft suchen. Auf dem Rückweg sehen wir in der Stadt etwas Interessantes, was Moni beschreiben wird.